und Naturwissenschaften
Studierende der Universität Hamburg beim International Physicist's TournamentPhysics Fights in Kolumbien
20. Juni 2022, von Heiko Fuchs
Nach ihrer erfolgreichen Teilnahme am German Physicists‘ Tournament (GPT) durften die Physikstudierenden Lisanne Löher und Nils Müller von der Universität Hamburg gemeinsam mit ihrem Team nach Kolumbien reisen und dort für Deutschland am International Physicists‘ Tournament (IPT) antreten. Das deutsche Team schaffte es ins Halbfinale und erreichte den fünften Platz. Das ist das bisher beste Ergebnis eines deutschen Teams und gleichzeitig eine Starthilfe für den Wettkampf im nächsten Jahr, da die sieben bestplatzierten Länder für 2023 gesetzt sind. Wie ihre Reise verlief, wie sie sich vorbereitet haben und wie sie den Wettbewerb erlebt haben, erzählen die beiden im Interview.
Herzlichen Glückwunsch zur Teilnahme am IPT und zu einem hervorragenden fünften Platz. Über eure erfolgreiche Teilnahme am Deutschen Wettbewerb hatten wir ja schon berichtet.
Wie war eure Reise nach Kolumbien?
Nils Müller: Es hat alles ganz gut geklappt. Der Flug war auch einigermaßen pünktlich. Doch leider hatten wir 11 Stunden Aufenthalt in der Nacht am Flughafen von Bogota. Erst am Morgen sind wir dann weiter nach Bucaramanga geflogen und zu unserem Hotel gefahren.
Lisanne Löher: Wir haben noch einen Tag gebraucht, um den Jetlag zu überwinden und am nächsten Tag startete auch schon morgens der Wettbewerb.
Bevor wir zum Wettbewerb selbst kommen: Wie liefen eure Vorbereitungen für den Wettkampf? Schließlich kam euer Team nicht nur aus Hamburg und die meisten von euch haben parallel auch noch ihre Bachelorarbeiten geschrieben.
Lisanne Löher: Wir sind bei einigen Sachen sehr gut vorangekommen, auch dadurch, dass wir in Hamburg und Berlin Räume zur Verfügung gestellt bekommen haben. Praktisch konnten wir alle Experimente beenden, die wir machen wollten. Wir sind dann aber mit den Auswertungen nicht hinterhergekommen. Es waren einfach zu viele Daten und zu wenig Zeit. Und natürlich sind auch ein paar Sachen schiefgelaufen.
Nils Müller: Ja, wir haben sehr viel gemacht. Wir haben es nur schlecht aufgeteilt und deswegen haben wir halt den fünften Platz anstatt des ersten Platzes bekommen. In jedem Fall hätten wir im Finale sein können. Da wir aber die Analysen nicht hatten, mussten wir jeden Abend immer noch fünf, sechs Stunden arbeiten und da ist natürlich auch viel Energie für den nächsten Tag weg. Und ja, das liefert natürlich nicht die gleichen Ergebnisse, wie wenn man ein paar Tage Zeit hat, um über alles in Ruhe nachzudenken und an der Präsentation zu feilen. Das war unser größter Fehler, ansonsten hat das schon gut geklappt.
Wie lief der Wettbewerb ab?
Nils Müller: Das Team eines jeden Landes bestand aus maximal sechs Leuten. Insgesamt gab es 20 Teams. Jeweils drei dieser Landesteams sind dann in den sogenannten „Physics Fights“ gegeneinander angetreten. Es gab dabei drei Rollen, die die Teams einnehmen konnten: Also ein Team präsentierte, ein anderes opponierte, also kritisierte und diskutierte über den Vortrag und das dritte Team machte den Reviewer, moderierte also am Ende die Diskussion und brachte Punkte ein, die vorher nicht aufgetaucht waren. Insgesamt dauerte eine Runde ungefähr eine halbe Stunde, was super wenig ist, da die Problemstellungen alle sehr komplex waren und aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise der einzelnen Teams zu spannenden Diskussionen geführt haben. Anschließend wurde gewechselt, sodass nach drei Runden jedes Team einmal jede Rolle eingenommen hatte, dann war der Physics Fight beendet. Wir hatten jeden Tag zwei Physics Fights.
Lisanne Löher: Es gab eine Jury, bestehend aus drei bis sechs Juroren. Das waren Professorinnen und Professoren, Postdocs oder Promovierende. Es wurde dann bewertet, wie gut das Problem gelöst, wie viel Fachkenntnis in der Diskussion gezeigt wurde, aber auch die Diskussionsfähigkeit wurde in die Bewertung miteinbezogen.
Über wie viele Tage lief der Wettbewerb?
Lisanne Löher: Insgesamt über drei Tage, also zwei Tage Vorrunden und am Ende des zweiten Tages wurden die Kandidaten für das Halbfinale bekannt gegeben. Dann gab es einen Ausflugstag, an dem wir uns die Region angeschaut haben. Anschließend folgte das Halbfinale und am Tag darauf fand das Finale statt, da waren wir dann leider raus.
Was für Aufgaben hattet ihr bekommen?
Nils Müller: Wir hatten insgesamt 17 Problemstellungen, was wirklich sehr viel war. Ich habe zum Beispiel daran gearbeitet, wie man Informationen unterhalb des thermischen Hintergrundrauschens übertragen kann. Mit anderen Worten, Informationen mit so einer niedrigen Signalstärke zu übertragen, dass man sie nicht findet, wenn man nicht weiß, wo man suchen muss.
Lisanne Löher: Ich habe an keinem Problem alleine gearbeitet. Ich habe eine Menge Experimente gemacht. Der zeitintensivste Versuch war, zu beschreiben, wann und wie Kreide bricht. Das klingt erst mal relativ trivial, aber es sind eine Menge Kreidestücke gebrochen worden und die Theorie dahinter ist gar nicht so leicht, wie man denken sollte.
Wie war der Kontakt zu den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern?
Lisanne Löher: In den ersten Tagen hatten wir abends gar keine Zeit, weil wir als Team Germany geschlossen auf dem Zimmer gesessen und gearbeitet haben. An den anderen Tagen haben wir uns mit vielen Teams unterhalten und sehr interessante Gespräche geführt. Witzigerweise wurde oft über die Aufgabenstellungen diskutiert und die Diskussionen gingen dann teilweise bis in den Abend hinein, da ein Physics Fight oft zu kurz war, um die Problemstellung bis zum Ende zu diskutieren.
Was habt Ihr persönlich für euch aus dem Wettbewerb mitgenommen?
Nils Müller: Ich habe super viel gelernt über wissenschaftliche Arbeit und Diskussionen. Ähnlich wie bei einer Konferenz, auf der man ein Poster vorstellt oder einen Vortrag hält, bekommt man Feedback oder Nachfragen. Das fand ich sehr spannend. Wirklich super war auch, dass man ein Problem wirklich von vorne bis hinten selbst bearbeitet hat, was man an der Uni nicht macht, da man dort nur vorbereitete Aufgabenblätter bekommt.
Lisanne Löher: Wir haben insgesamt viel darüber gelernt, wie man über solche Themen redet. Wir haben sehr gute Diskussionen geführt, mit einer Menge verschiedener Teilnehmer und es war auch durchaus interessant zu sehen, wie viele Möglichkeiten es gibt, das gleiche Problem anzugehen. Man neigt ja im Uni-Betrieb dazu, dass es immer nur eine Lösung gibt. Die Übungsblätter haben eine richtige Lösung, alles andere ist falsch. Im Wettbewerb hatte man schon einen anderen Blick darauf, dass im Zweifel 20 Teams die gleiche Aufgabe bearbeiten, 20 verschiedene Ansätze wählen und 20 interessante Blickwinkel darauf finden. Das ist schon toll!
Weitere Infromationen
Das International Physicists‘ Tournament fand vom 9. bis 14. Mai statt, Ausrichter war in diesem Jahr die Industrieuniversität Santander (Universidad Industrial de Santander) in Bucaramanga. Der „Verein der Freunde und Förderer der Physik an der Universität Hamburg e.V.“ unterstützte Lisanne Löher und Nils Müller, indem er die Teilnahmegebühr und die Reisekosten der beiden sponserte.
Weitere Informationen zum Turnier unter: https://iptnet.info