und Naturwissenschaften
Studierende der Universität Hamburg beim International Physicist's Tournament
14. April 2022, von MIN-Dekanat

Foto: privat
Mit ihrem Team haben die Physikstudierenden Lisanne Löher und Nils Müller das German Physicists‘ Tournament (GPT) gewonnen. Damit haben sie sich für das International Physicists‘ Tournament (IPT) qualifiziert und werden zusammen mit vier weiteren Studierenden als Team Germany im Mai nach Kolumbien reisen. Wie sieht so ein Wettbewerb aus? Wie bereitet sich das Team vor? Das erzählen die beiden im Interview.
Frau Löher, Herr Müller, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des GPT. Wie sind Sie denn dazu gekommen, an dem Turnier teilzunehmen?
Lisanne Löher: Ich habe mit einem Kommilitonen aus Berlin nachts in der Uni gearbeitet und darüber gesprochen, dass es ein Jammer ist, dass wir seit der Schulzeit an keinem Wettbewerb mehr teilgenommen haben. Wir haben dann kurz recherchiert, das GPT gefunden und festgestellt, dass es in einer Woche stattfinden sollte. Daraufhin haben wir Kommilitonen angerufen, von denen wir dachten, dass es nett wäre, wenn sie bei dem Projekt dabei sind. Darunter war auch Nils.
Nils Müller: Ich wollte eigentlich in den Urlaub fahren, das hat aber leider nicht geklappt, so dass ich doch teilnehmen konnte. Wir haben die Woche genutzt, um uns in die Themen einzuarbeiten und dann auch gewonnen.
Wie lief der Wettkampf denn ab?
Nils Müller: Es gibt verschiedene physikalische Problemstellungen bzw. Fragen, die vom Wettbewerb vorgegeben werden. Jedes Teammitglied, bei uns waren es fünf, muss ein Problem auswählen und vorbereiten. Beim internationalen Turnier ist es so, dass man alle 17 Probleme vorbereiten muss. Deshalb ist es auch ein viel größerer Arbeitsaufwand für uns.
Lisanne Löher: Die Aufgaben sind sehr offen gestellt. Es ist meist nur eine offene Problemstellung, für die man sowohl Theorie als auch Experiement vorbereiten soll. Dann wird man zu einem Thema herausgefordert und präsentiert in zwölf Minuten die eigene Arbeit und die daraus resultierenden Ergebnisse. Im Anschluss gibt eine Gegnerin oder ein Gegner Feedback zur Präsentation und diskutiert mit der Person, die präsentiert hat, über das Thema, die Methodik und den allgemeinen Ansatz. In der internationalen Runde springt zusätzlich eine Reporterin oder ein Reporter aus einen dritten Team ein und moderiert den letzten Teil dieser Diskussionsrunde.
Wie wird das Siegerteam ermittelt?
Nils Müller: Jedes Jurymitglied kann eine Punktzahl zwischen eins und zehn für jede Rolle vergeben. Die Präsentationsrolle ist am höchsten gewichtet, dafür bekommt man die dreifache Punktzahl. Bei der Gegnerrolle ist es die zweifache und bei der Reporterrolle ist es die einfache Punktzahl. Die Punktzahl wird dann am Ende gemittelt und das Team mit der höchsten Punktzahl gewinnt.
Könnt ihr eines der Probleme, die ihr beim GPT vorgestellt habt, beschreiben?
Lisanne Löher: Eine Aufgabe dreht sich um die Untersuchung eines magnetischen Pendels. Man hat ein starres Pendel mit einer magnetischen Spitze, darunter befindet sich eine Anordnung aus starken Magneten. Wenn man das Pendel auslenkt, entsteht eine chaotische Bewegung. Wir haben die zu erwartende Bewegung zuerst theoretisch beschrieben, da gibt eine ganz interessante Methode aus der Chaostheorie, der sogenannte Lyapunov-Exponent. Darauf aufbauend haben wir eine Simulation erstellt, dann die Bewegungen in einem Experiment mit einer Kamera und Motion-Tracking-Software ausgewertet und mit der Theorie verglichen.
Nils Müller: Die Akzeptanz zwischen Theorie und Experiment war bei uns noch ein bisschen schwierig. Aber das ist auch zu erwarten, wenn chaotische Bewegungen vorliegen. Man kann dann die Menge der Magneten unter dem Pendel variieren: Für geringere Anzahlen ist es tendenziell weniger chaotisch. Für große Anzahlen ist es schwieriger vorauszusagen. Bei unserem Experiment konnte man zumindest in den ersten Momenten die Ähnlichkeit zwischen den Vorhersagen und der aufgenommenen Trajektorie des Pendels sehen.
Wo habt ihr das Experiment durchgeführt?
Lisanne Löher: Das war im Universitätslabor in Dänemark, weil ich dort ein Austauschsemester gemacht habe und die Möglichkeit hatte, das Unilabor zu nutzen. Dort gibt es eine starke Open-door-policy, das haben wir genutzt und den Aufbau dort gemacht.
Wie sieht Eure Vorbereitung für Kolumbien aus? Das Team kommt ja nicht nur aus Hamburg, sondern auch aus Berlin und Erlangen.
Lisanne Löher: Wir haben uns einen sehr strikten Arbeitsplan gemacht, weil wir ja studieren. Wir sind fast alle im sechsten Semester, das heißt, wir arbeiten parallel noch an den Bachelorarbeiten. Deswegen haben wir die Aufgaben untereinander aufgeteilt, und besprechen in wöchentlichen Meetings den Stand der Dinge.
Nils Müller: Die Idee ist, dass man zu zweit oder zu dritt an einem Problem arbeitet. Im Moment sind wir noch dabei unsere Theorien und Vorhersagen zu planen. Bei manchen Experimenten sind wir schon ein bisschen weiter, da haben wir uns schon einen Aufbau überlegt. Wir suchen im Moment noch nach Laboren für die Durchführung. Danach geht es dann darum, notfalls die Theorie anzupassen und zu überlegen, was unsere Fehler in den Annahmen waren.
Lisanne Löher: Was die Experimentieraufbauten angeht, ist die Bandbreite relativ groß. Wir haben Aufbauten, die wir zu Hause oder in einem sehr einfachen Labor durchführen können. Wir haben aber zum Beispiel auch eine Aufgabe zu Ferrofluiden, für die wir noch einen Aufbau suchen, wo wir externe rotierende Magnetfelder kontrollieren können.
Wie viel Zeit investiert Ihr für die Vorbereitung?
Lisanne Löher: Das variiert tatsächlich ein bisschen. Das Ziel des Teams ist zehn Stunden Arbeit pro Woche und Person.
Nils Müller: Das ist eher als Minimum gedacht. Wir haben aktuell noch ein Praktikum und Prüfungen, da ist nicht so viel Zeit übrig, wie bei unseren Teammitgliedern in Berlin. Ende März, wenn unsere Prüfungen durch sind, haben wir dann vermutlich etwas mehr Zeit als die anderen.
Gegen wie viele Teams werdet Ihr antreten?
Lisanne Löher: Insgesamt sind es 16 Teams mit maximal sechs Mitgliedern, die jeweils ein Land repräsentieren.
Wisst Ihr schon, ob Ihr aktuell nach Kolumbien reisen könnt?
Nils Müller: Mittlerweile steht fest, dass das Turnier in Präsenz stattfinden wird und wir haben die Flüge bereits gebucht.
Weitere Infromationen
Das International Physicists‘ Tournament wird vom 9. bis 14. Mai stattfinden, Ausrichter ist in diesem Jahr die Industrieuniversität Santander (Universidad Industrial de Santander) in Bucaramanga. Der „Verein der Freunde und Förderer der Physik an der Universität Hamburg e.V.“ unterstützt Lisanne Löher und Nils Müller, indem er die Teilnahmegebühr und die Reisekosten der beiden sponsort.
Weitere Informationen zum Turnier unter: https://iptnet.info/