und Naturwissenschaften
Neue Juniorprofessur für Semantische Systeme am Fachbereich InformatikBesseres Leseverständnis für Künstliche Intelligenzen
31. Mai 2021, von Heiko Fuchs

Foto: Privat
Am 16. Mai 2021 hat Prof. Dr. Ricardo Usbeck die W1 (Tenure Track W2) Professur „Semantische Systeme“ am Fachbereich Informatik der Universität Hamburg angetreten. Prof. Usbeck erforscht neue Möglichkeiten des Textverständnisses von Künstlichen Intelligenzen (KI), damit KI-Algorithmen die Bedeutung von Worten besser erfassen und analysieren können.

Heutige Sprachassistenzsysteme wie Alexa oder Siri sind noch nicht in der Lage die Bedeutung von Worten eigenständig zu erfassen. Sie benutzen eine Art Regelwerk: Wird das Wort „Wetter“ gesagt, dann schlagen die Systeme im Regelwerk nach und ermitteln mittels Statistik, was die wahrscheinlichste Antwort darauf sein könnte. Bei komplexen Texten versagen sie aber. Hier setzt die Forschung von Ricardo Usbeck an: Zukünftig sollen KI-Algorithmen in der Lage sein, komplizierte Texte zu lesen, sie anhand der Semantik, also der kontextbezogenen Bedeutung der Worte, zu verstehen und dann entsprechend des Inhaltes zu reagieren.
KI-Systeme und Wissensgraphen für Industrieprozesse
Die Bedeutung dieser Forschung geht weit über Sprachassistenten hinaus: Im Rahmen einer durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten KI-Innovationsplattform forscht Ricardo Usbeck an einem Kriseninterventionssystem für Unternehmen. Bei diesem Projekt sollen KI-Algorithmen Nachrichtentexte, Twitter-Meldungen und Blogeinträge untersuchen und diese mit den Daten einer Firma in Beziehung setzen. Diese Daten sollen dann in einem Wissensgraphen (engl. Knowledge Graph) gespeichert werden. Andere KI Systeme können dann Empfehlungen oder Warnungen abgeben. Ein Beispiel: Die KI findet auf einer chinesischen Nachrichtenseite einen Eintrag, dass ein chinesischer Überseehafen brennt und instandgesetzt werden muss. Die Algorithmen vergleichen diese Informationen mit den Lieferketten der Firma und geben die Warnung heraus, dass es in sechs Wochen Probleme mit einem Zulieferer geben könnte.
Neue Formate für die Lehre
Die Lehre wird Prof. Usbeck inhaltlich an seiner Forschung ausrichten und mit dem Prinzip des „Flipped Classroom“ neue Wege bei der digitalen Lehre ausprobieren. Dabei werden Hausaufgaben und Stoffvermittlung vertauscht, da die Lerninhalte vor der Präsenzveranstaltung digital zur Verfügung gestellt und im Hörsaal dann nur noch Fragen zum Stoff behandelt werden, bei deren Beantwortung sich die Studierenden gegenseitig helfen. Dadurch kann das Lerntempo durch den Lernenden selbst bestimmt werden. In den Präsenzphasen kann man sich auf die Vertiefung sowie Anwendung des Wissens konzentrieren.
Ab dem übernächsten Wintersemester möchte Usbeck mit Studierenden an Challenges verschiedener Firmen und Organisationen teilnehmen, um die Studierenden an reale Probleme heranzuführen, diese unter Zeitdruck zu bearbeiten und gemeinsam gegen andere Teams anzutreten.
Stärkung des Forschungsschwerpunkts „Kognitive Systeme“
Mit dieser Berufung konnte die MIN-Fakultät einen herausragenden Wissenschaftler für den Fachbereich Informatik der Universität Hamburg gewinnen. Gleichzeitig stärkt die Professur den fakultären Forschungsschwerpunkt „Kognitive [RU1] Systeme“, der das Verständnis komplexer Lernprozesse als Grundlage für neue autonome Systeme erforscht sowie den universitären Potenzialbereich „Neurowissenschaften und Kognitive Systeme“.
Zur Person
Prof. Dr. Usbeck hat an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Informatik studiert und promovierte nach einem kurzen Ausflug in die Wirtschaft an der Universität Leipzig. Anschließend forschte er als Postdoktorand an der Universität Leipzig, an der Universität Paderborn und baute am Fraunhofer IAIS - Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme ein neues Team für Sprachassistenzsysteme auf. Seine Professur an der Universität Hamburg wird von der Bundesregierung im Rahmen des Tenure-Track-Programms gefördert.
Kontakt
Webseite: www.inf.uni-hamburg.de/sems