und Naturwissenschaften
Dem Untergang der Dinosaurier folgte ein dampfender Kessel
29. Mai 2020, von Heiko Fuchs

Foto: pixabay
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Prof. Dr. Ulrich Riller aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Universität Hamburg hat herausgefunden, dass der Asteroidenkrater von Chicxulub nach dem katastrophalen Einschlag vor 66 Millionen Jahren ein riesiges und langlebiges Heißwasser-System beherbergt hat. Ihre neue Studie stellten die Forschenden in der Fachzeitschrift Science Advances vor.
Der Einschlagkrater von Chicxulub mit einem Durchmesser von etwa 180 Kilometern ist die am besten erhaltene große Einschlagstruktur auf der Erde. Das internationale Forschungsteam bohrte in dem Krater im Golf von Mexiko und untersuchte die thermischen und chemischen Veränderung der Erdkruste, die durch den Einschlag verursacht wurden.
Das Team fand Hinweise darauf, dass unterirdische Wasserflüsse erhitzt und nach oben zum Meeresboden getrieben wurden. Das heiße Wasser strömte um einen etwa drei Kilometer dicken, vom Einschlag erzeugten, Magma-Pool herum, sickerte durch zerklüftetes Gestein und stieg zum Meeresboden auf, wo es ins Meer abfloss. Das Heißwasser-System war besonders in einer aufragenden Bergkette am Meeresboden aktiv, dem sogenannten Ringgebirge, das sich um das Zentrum des Kraters erstreckt. Dieser Gebirgsring hat einen Durchmesser von 90 Kilometern und besteht aus zertrümmertem granitischen Gestein, das durch den Einschlag aus einer Tiefe von etwa zehn Kilometern emporgehoben wurde.
Prof. Riller untersuchte das zertrümmerte Gestein in den Bohrkernen, durch das das heiße Wasser strömte und dabei Mineralrückstände hinterließ, durch die man die Temperatur des Wassers rekonstruieren konnte. Zu den häufigsten Mineralen, die er hierbei identifizierte, zählt sehr feinkörniger Muskovit (Tonerdeglimmer), der sich in kleinen Zwischenräumen des vom Einschlag zerrütteten Gesteins ansammelte.
Diese Minerale weisen darauf hin, dass das hydrothermale System anfangs mit Temperaturen von 300 bis 400 Grad Celsius sehr heiß war und lange gebraucht hat, um abzukühlen. Das Team bestimmte die Abkühlzeit mit Hilfe einer geomagnetischen Polaritätsuhr. Dabei werden winzige magnetische Minerale untersucht, die durch chemische Reaktionen innerhalb des hydrothermalen Systems entstanden sind. Diese Minerale zeichnen Veränderungen im Magnetfeld der Erde auf. Ihre magnetische Erinnerung lässt darauf schließen, dass die hydrothermale Aktivität innerhalb des Kraters mindestens 150.000 Jahre lang anhielt.
Basierend auf den Untersuchungen gab es auf dem Ringgebirge eine etwa 300 Kilometer lange Kette von Heißwasserschloten und zusätzliche Schlote auf dem Kraterboden. Solche hydrothermalen Systeme schaffen möglicherweise ideale Lebensräume für Mikroorganismen. Die neue Studie könnte zusätzliche Beweise für die Hypothese des Ursprungs des Lebens liefern. Das Ausmaß und die Langlebigkeit des Chicxulub-Hydrothermalsystems deuten darauf hin, dass solche Heißwasser-Systeme zu einem frühen Zeitpunkt der Erdgeschichte Nischen für das Leben geschaffen haben könnten. Das Leben könnte sich also in einem Einschlagskrater entwickelt haben.
Original Publikation
Probing the hydrothermal system of the Chicxulub Impact Crater, D. A. Kring, S. M. Tikoo,
M. Schmieder, U. Riller, M. Rebolledo-Vieyra, S. L. Simpson, G. R. Osinski, J. Gattacceca, A. Wittmann,
C. M. Verhagen, C. S. Cockell, M. J. L. Coolen, F. J. Longstaffe, S. P. S. Gulick, J. V. Morgan, T. J. Bralower,
E. Chenot, G. L. Christeson, P. Claeys, L. Ferrière, C. Gebhardt, K. Goto, S. L. Green, H. Jones, J. Lofi,
C. M. Lowery, R Ocampo-Torres, L. Perez-Cruz, A. E. Pickersgill, M. H. Poelchau, A. S. P. Rae,
C. Rasmussen, H. Sato, J. Smit, N. Tomioka, J. Urrutia-Fucugauchi, M. T. Whalen, L. Xiao, and
K. E. Yamaguchi,
Science Advances 6, no. 22, eaaz3053 (2020).
DOI: 10.1126/sciadv.aaz3053
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