und Naturwissenschaften
Konferenz „Mensch und Computer 2019“ in HamburgEin Blick in virtuelle Welten
9. September 2019, von Heiko Fuchs

Foto: UHH/MIN/Fuchs
An der Universität Hamburg und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften findet vom 8. bis 11. September 2019 die Konferenz „Mensch und Computer 2019“ der Gesellschaft für Informatik statt, die seit 2001 in jährlichem Rhythmus durchgeführt wird. Rund 900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutieren über verschiedenste Aspekte der Gestaltung von Schnittstellen zwischen Menschen und Technologie. Eröffnet wird die Veranstaltung von Katharina Fegebank, der Zweiten Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung.
Die in Hamburg stattfindende Konferenz beschäftigt sich mit allen Fragestellungen und Herausforderungen, die auftreten, wenn Menschen auf Computer bzw. auf Technologie treffen. Die Interaktionen zwischen Menschen und Technologie können dabei sehr modern erfolgen, per Sprache oder Gesten bis hin zur Steuerung mit Gehirnwellen, aber auch ganz klassisch über Tastatur, Computermaus oder Spielcontroller. Mit einem vielfältigen Programm aus über 40 hochkarätigen Vorträgen, knapp 30 Workshops und rund 80 Kurzbeiträgen deckt die diesjährige Konferenz nahezu die gesamte Bandbreite der Mensch-Computer-Interaktionen ab und wird mit rund 900 Anmeldungen die größte „Mensch und Computer Konferenz“ in Deutschland, die bisher stattgefunden hat. Dazu gibt es noch eine weitere erfreuliche Besonderheit: Während die Studiengänge der Informatik nur einen Anteil von rund 15 Prozent weiblichen Studierenden vorweisen können, sind ca. 45 Prozent der angemeldeten Konferenzteilnehmenden weiblich.
Das Leitthema lautet in diesem Jahr „Digitale Realitäten“ und trägt dem Umstand Rechnung, dass im Zeitalter der digitalen Transformation - oder auch Digitalisierung - zunehmend die Grenzen zwischen physischer und virtueller Realität verschwimmen. „Wir haben inzwischen einen hohen Grad der digitalen Realität erreicht. Diese ist noch nicht in allen Unternehmen und in allen Lebensbereichen gleichermaßen angekommen. Aber die heutigen Kinder wachsen in einer digitalen Welt auf, die sich ständig weiterentwickelt und sich immer wieder neu erfindet“, sagt Prof. Dr. Steinicke vom Fachbereich Informatik der Universität Hamburg und Mitorganisator der Konferenz.
Ein Einsatzgebiet digitaler Realitäten sind zum Beispiel sogenannte „Serios Games“ für die Gesundheitsbranche. In Hamburg werden gerade „immersive“ Bewegungsspiele getestet, die für die Behandlung neurologischer Erkrankungen, wie Demenz, Parkinson und Alzheimer entwickelt wurden. „Immersion“ kann auch als „Eintauchen“ oder „Versinken“ beschrieben werden. Die Spiele bieten in einer virtuellen Umgebung eine spannende Kombination aus einfachen kognitiven Aufgaben mit motorischen Übungen. So wurde ein Memoryspiel mit leichten Erinnerungsaufgaben entworfen, bei dem die Karten nicht einfach umgedreht, sondern mit einer Art Bowlingkugel getroffen werden müssen. In einem zweiten Spiel sollen in einer virtuellen Version des Hamburger Hafens Möwen fotografiert werden. „Wir haben einfache kognitive mit motorischen Aufgaben kombiniert. Die medizinische Forschung sagt, dass damit der Verlauf von Demenz verzögert oder sogar aufgehalten werden kann,“ so Steinicke. „Das könnte man auch mit einfachen Kopfrechenaufgaben und gleichzeitiger Physiotherapie bewerkstelligen, aber bei den Serious Games kommt eine zusätzliche Motivation aus der Spielumgebung und dem sogenannten Gameflow dazu. Mit steigender Fähigkeit erhöht sich der Schwierigkeitsgrad, es gibt Punkte, Highscore-Listen und es macht einfach Spaß. Auch die neue Technologie wirkt motivierend, da Virtual-Reality-Brillen intuitiv zu bedienen sind.“
Die Forschenden sind immer wieder erstaunt, wie gut die achtzig- und neunzigjährigen Patientinnen und Patienten mit der modernen Technik zurechtkommen. Aber die Virtual Reality-Technologie funktioniert auch deutlich natürlicher, als herkömmliche Eingabemethoden: Möchte man in der virtuellen Welt nach links sehen, dann dreht man den Kopf einfach nach links. Das Ergebnis ist, dass die Spielenden in den virtuellen Welten emotional versinken und dort oft mehr Zeit verbringen, als sie eigentlich wollten. Diese Effekte wirken sich positiv auf die Therapie aus.
Das ist aber nur eins von vielen spannenden Themen der Konferenz, die Wissenschaft und Praxis zusammenbringt und in erster Linie jüngere Studierende und Doktoranden anspricht. Die Vorträge und Workshops beschäftigen sich mit vielen interessanten Fragestellungen: Wie kann Technologie unauffällig und sozial verträglich bedient werden? Warum ist es so schwierig, natürliche Gespräche mit Computern zu gestalten? Wie wird sich die Argumented Reality - also die Vermischung von virtueller und realer Welt - in den nächsten 20 Jahren entwickeln? Kann man selbstfahrende Autos zu empathischen Fahrzeugen weiterentwickeln? Wie lässt sich Künstliche Intelligenz für Mensch-Computer-Interaktionen nutzbar machen?