und Naturwissenschaften
Fakultätentag Informatik an der Universität Hamburg
20. November 2019, von Maria Latos
Vergangene Woche trafen sich Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland an der Universität Hamburg, um über aktuelle Entwicklungen an den Informatik-Fakultäten deutscher Hochschulen zu diskutieren. Thema war unter anderem die Frage, welche gesellschaftlichen Beiträge die Informatik in den Themenbereichen der Sozialen Netzwerke und Medien leisten kann und welche Implikation dies für das Informatikstudium hat.
Soziale Netzwerke sowie Medien spielen im privaten und öffentlichen Leben eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen politische Entscheidungen, kommerzielles Handeln und gesellschaftliche Stimmungen. Hate Speech und Fake News sind Stichworte, die in diesem Zusammenhang besonders oft fallen und von den Sozialwissenschaften untersucht werden. Auch die Informatik beschäftigt sich mit den Sozialen Netzwerken, fokussierte sich jedoch bisher vor allem auf die Entwicklung digitaler Methoden und Algorithmen. „Wir müssen uns fragen, ob die Informatik so weitermachen kann wie bisher. Oder ob sie noch sehr viel stärker mit anderen Disziplinen zusammenarbeiten und die Kommunikation ausweiten muss, um einen gesellschaftlichen Beitrag zu den Themen soziale Netzwerke und Medien leisten zu können“, beschrieb Prof. Dr.-Ing. Norbert Ritter, Vorsitzender des Fakultätentags Informatik und Prodekan für Studium und Lehre an der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Universität Hamburg, das übergeordnete Diskussionsthema in seiner Begrüßung. Dies diskutierten Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland im Workshop „Soziale Netzwerke und Medien“, den der Fakultätentag Informatik im Rahmen seiner Jahresversammlung 2019 an der Universität Hamburg durchführte.
Prof. Dr. Steffen Staab und Dr. Oul Han von der Universität Koblenz-Landau sprachen über „Soziale Netzwerke und Medien: Multidisziplinäre Ansätze für ein multidimensionales Problem“. So wurde in Koblenz der internationale Masterstudiengang „Web and Data Science” geschaffen, in welchem die Informatik mit anderen Disziplinen wie Ökonomie und Sozialwissenschaften verbunden wird, um die Studierenden auf das interdisziplinäre Forschungsfeld vorzubereiten. Frau Dr. Fariba Karimi vom GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften machte deutlich, dass die Sichtbarkeit von Minderheiten durch die Struktur von Sozialen Netzwerken beeinflusst wird, und Juniorprofessor Dr. Andreas Jungherr von der Universität Konstanz forderte eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen der Informatik und den Sozialwissenschaften. Im Masterstudiengang „Social and Economic Data Science“ der Universität Konstanz werden beispielsweise Spezialistinnen und Spezialisten zum einen mit solidem Hintergrund in Computerwissenschaften und Statistik als auch mit Kenntnissen in sozialwissenschaftlichen Methoden ausgebildet, um Daten aus Sozialen Netzwerken effektiv nutzen zu können. Dr. Oliver Posegga von der Universität Bamberg schloss die Runde mit einem Vortrag über moderne Netzwerkanalysesoftware.
Im Anschluss an die Impulsverträge fand eine breite Diskussion statt zur Frage „Welche Rolle muss die Informatik in der Gestaltung und Nutzung Sozialer Netzwerke und Medien einnehmen?“. In einer Videobotschaft erläuterte der Vizepräsident der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), Alexander von Gernler, die Gründe für den ‚Ausstieg‘ der GI bei Facebook. Mehrere der Anwesenden forderten, dass Universitäten diesem Beispiel folgen sollten.
Einigkeit bestand darüber, dass die Informatik als wissenschaftliche Disziplin sich nicht nur auf die Entwicklung digitaler Methoden beschränken darf, sondern auch noch deutlicher als bisher gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen hat. Um dies zu gewährleisten, ist eine interdisziplinäre Ausbildung von angehenden Informatikerinnen und Informatikern unverzichtbar. Doch nicht nur im Studium sollte dies gelebt werden, schloss Prof. Norbert Ritter: „Auch in der Forschung sollten mehr Freiräume geschaffen werden, um Interdisziplinarität tatsächlich zu ermöglichen.“