und Naturwissenschaften
Funktion des Pflanzengens SWITCH1 bei der Zellteilung entschlüsselt
16. April 2019, von Maria Latos

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Ein Forschungsteam der Universität Hamburg und des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung hat herausgefunden, dass ein Regulationsmechanismus, der bisher nur aus Wirbeltieren und Insekten bekannt war, auch in Pflanzen aktiv ist. Damit kann gezeigt werden, dass der zugrunde liegende Regulationsmechanismus bei mehrzelligen Lebewesen sehr weit verbreitet ist, bzw. schon in dem letzten gemeinsamen Vorfahren aller mehrzelligen Lebewesen vorhanden gewesen sein musste. Ihre Ergebnisse präsentieren die Biologinnen und Biologen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Communications.
Das Pflanzengen SWITCH 1 ist seit mehr als 18 Jahren bekannt, allerdings war bislang völlig unklar, wie es wirkt. In ihren Untersuchungen an der Pflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun heraus, dass das SWITCH1 als Regulator bei der Zellteilung dient und in der Pflanze Arabidopsis ähnlich wie das Molekül Sororin in Wirbeltieren und Insekten wirkt. „Wir könnten hier ein sehr schönes Beispiel für molekulare konvergente Evolution gefunden haben. Konvergente Evolution bedeutet, dass sich ähnliche biologische Merkmale bei nicht näher verwandten Arten ausbilden. In unserem Fall handelt es sich um ein Beispiel auf molekulare Ebene, das sehr selten ist“, sagt der federführende Autor der Studie, Prof. Dr. Arp Schnittger vom Fachbereich Biologie der Universität Hamburg.
Die Zellteilung gewährleistet das Wachstum und die Fortpflanzung von Lebewesen wie Pflanzen und Tiere. Bei der Meiose, der Reifeteilung, verläuft die Kernteilung in zwei Schritten, in denen die Anzahl der Chromosomen halbiert wird und genetisch voneinander verschiedene Zellkerne entstehen. Fehler bei der Reifeteilung können dramatische Auswirkungen haben und führen z. B. beim Menschen zu Behinderungen und Fehlgeburten. Die Abläufe in der Meiose müssen daher genau aufeinander abgestimmt und reguliert sein, damit sich die Chromosomen, auf denen die Erbinformation gespeichert ist, gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilen.
Verschiedene Moleküle spielen bei der Zellteilung eine entscheidende Rolle. Zum Beispiel der Proteinkomplex Cohesin, der die Struktur der Chromosomen stabilisiert und dessen Untereinheiten einen molekularen Ring bilden, der die Chromosomen so lange umschließt, bis der exakte Zeitpunkt der Trennung gekommen ist. Cohesin wird dabei von Molekülen reguliert, unter anderem von Sororin. Es sorgt dafür, dass die Cohesin-Verbindung in einer kritischen Phase der Meiose stabil ist. Bisher wurden Sororin nur in Wirbeltieren und der Fruchtfliege Drosophila entdeckt. Nun zeigt das Forschungsteam um Arp Schnittger, dass es in Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) mit SWITCH1 ein analoges Molekül zu Sororin gibt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass es auch in anderen Pflanzen ähnlich aktiv ist.
Original Publikation
SWITCH 1/DYAD is a WINGS APART-LIKEantagonist that maintains sister chromatidcohesion in meiosis,
C. Yang, Y. Hamamura, K. Sofroni, F. Böwer, S. C. Stolze, H. Nakagami, and A. Schnittger,
NATURE COMMUNICATIONS 10, 1755 (2019).
https://www.nature.com/articles/s41467-019-09759-w
Weitere Informationen
Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana), auch Schotenkresse oder Gänserauke genannt, ist eine krautige Pflanze, die etwa 30 Zentimeter hochwächst. Ihr Genom ist vollständig entschlüsselt, sie lässt sich auf relativ kleinem Raum einfach kultivieren und es können genetische Manipulationen durchführt werden. Sie dient deshalb in der Biologie und Genetik als sogenannter Modellorganismus.