und Naturwissenschaften
Sechs Millionen Euro zur Erforschung der internen Kommunikation bei PflanzenForschungsteam der Universität Hamburg, des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm und des John Innes Center in Großbritannien erhalten Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC)
23. Oktober 2018, von MIN-Dekanat
Foto: ERC
Gegenstand des mit 6,1 Millionen Euro geförderten Forschungsvorhabens „Plant Mobile RNAs: Function, Transport and Features“, kurz PLAMORF, ist der in den Leitbündeln von Pflanzen stattfindende Langstreckentransport bestimmter Kommunikationsmoleküle. Mit den Forschungsgruppen um Dr. habil. Friedrich Kragler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm, Prof. Dr. Julia Kehr von der Universität Hamburg und Prof. Dr. Richard Morris vom John Innes Centre in Großbritannien, ergänzen sich die Expertise in den Bereichen Zellbiologie/Makromolekularer Transport, Strukturbiologie, Mathematische Modellierung/Bioinformatik auf hervorragende Weise.
Pflanzen besitzen im Unterschied zu Tieren und Menschen weder Nervensystem noch Blutkreislauf. Trotzdem werden Nährstoffe, Informationen und Signale innerhalb der Pflanze transportiert. Der Ferntransport von Nährstoffen erfolgt über die Leitbündel, die sich im Stängel bzw. bei Bäumen im Stamm befinden. Man unterscheidet zwischen dem Xylem, einem holzigen Leitgewebe, das dem Transport von Wasser und anorganischen Salzen dient und auch Stützfunktionen übernimmt und dem Phloem, in dem – wie man seit langem weiß – Photoassimilate wie Zucker und Nährstoffe in der Pflanze verteilt werden. Darüber hinaus werden aber auch andere kleine Moleküle mit Signalfunktion, wie Hormone und verschiedene Typen von Ribonucleinsäuren (RNA), sowie RNA-bindende Proteine (RBPs) im Phloem transportiert. RNA dient nicht nur vor allem der Umsetzung von genetischer Information in Proteine, sondern spezielle kleine RNAs sind auch direkt an der Genregulation beteiligt. Bisher ist noch wenig darüber bekannt, wie diese RNA-Moleküle in das Phloem aufgenommen und am Bestimmungsort wieder abgegeben werden. Es ist unklar, wie der RNA-Transport reguliert wird und ob Mobilität zwischen Zellen und Geweben spezifisch oder unspezifisch ist. Antwort auf diese Fragen und auch die Klärung darüber, wie RNAs ihr Zielgewebe erreichen und was ihr Schicksal und ihre Funktion in den empfangenden Zelltypen ist, sind Gegenstand des Forschungsvorhabens PLAMORF.
„Aufgabe der Forschungsgruppen wird es in einem ersten Arbeitspaket (WP1) sein mobile RNAs im Phloem und in Einzelzellen gepfropfter Pflanzen zu identifizieren, das Motiv zu erfassen, das den Transport von den mobilen RNAs auslöst und ihre Signalfunktion unter Phosphat- und Sulfat Ernährungsstress zu untersuchen“, erläutert Dr. Kragler das Aufgabenspektrum. „In einem zweiten Arbeitspaket (WP2) werden wir uns mit der Identifikation und Charakterisierung von zellulären Faktoren beschäftigen, die mit den mobilen RNAs interagieren“, ergänzt Prof. Julia Kehr die Beschreibung des Arbeitsablaufs des über sechs Jahre laufenden Forschungsvorhabens. Insgesamt wird das Team in beiden Arbeitspaketen neue Ansätze und Techniken anwenden, die es ermöglichen Einzelzell-Transkriptom-Profile zu erstellen d.h. alle in einer Zelle von der DNA in RNA umgeschriebene Gene - also die Gesamtheit aller in einer Zelle hergestellten RNA-Moleküle – zu erfassen und die Anwesenheit von RNAs aus weit entfernten Geweben nachzuweisen. „Wir werden, in Analogie zur elektronischen Datenverarbeitung, mathematische Modelle für den Langstreckentransport von Kommunikationsmolekülen in Pflanzen entwickeln“ erklärt Prof Morris. „In beiden WPs wird daher die Integration der Zellbiologie der aktiven Gene mit Protein- und RNA-Strukturen im Rahmen der Informationstheorie ein unverzichtbarer Bestandteil für den Erfolg“, beschreibt er die Strategie des Wissenschaftlerteams.
Text: Ursula Ross-Stitt
ERC Synergy Grants
Die ERC Synergy Grants des European Research Councils wurden erstmalig im Jahr 2012 als Förderinstrument für herausragende Forschungsgruppen vergeben. Die interdisziplinären Teams, bestehend aus zwei bis vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sollen in den Projekten einander ergänzende Fertigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen auf innovative Weise zusammenführen. Die Förderung kann bis zu zehn Millionen Euro betragen und wird für eine Laufzeit von bis zu sechs Jahren vergeben.