und Naturwissenschaften
Die Zähmung der Monster - Tentakel
25. Juli 2017, von MIN-Dekanat

Foto: Brigitta Höppner/Jörg Teschner
Ein Interview mit Prof. Dr. Jörg Teschner zur StringMath-Konferenz 2017 an der Universität Hamburg
Vom 24. bis zum 28. Juli findet in Hamburg die jährliche StringMath-Konferenz statt, die gemeinsam von Forschenden der Universität Hamburg und des DESY organisiert wird. Prominente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der theoretischen Hochenergiephysik diskutieren dort mit Forschenden aus der reinen Mathematik. Die Konferenzserie wurde 2011 von Mathematikerinnen und Mathematikern der University of Pennsylvania ins Leben gerufen und wird seitdem an verschiedenen Orten weltweit ausgetragen.
Prof. Dr. Jörg Teschner forscht an der Schnittstelle zwischen Mathematik und Physik und gehört zu den Organisatoren der Konferenz.
Herr Prof. Teschner, warum wurde gerade Hamburg als Standort für die Konferenz ausgewählt?
Es gibt ein achtköpfiges Steuerungskomitee für diese Reihe von Konferenzen, bei dem wir uns für die Organisation beworben haben. Über die für den Zuschlag entscheidenden Kriterien kann ich natürlich nur spekulieren. Vielleicht hat es geholfen, dass wir in Hamburg schon seit Jahren eine intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Mathematik und Physik pflegen, welche auch international immer mehr Beachtung findet.
Die Konferenz wird vom Fachbereich Mathematik veranstaltet. Gehört die Stringtheorie nicht eher in den Bereich der Physik?
Zunächst einmal organisieren wir die Konferenz als gemeinsames Projekt der Fachbereiche Mathematik und Physik der Universität Hamburg, sowie der Theoriegruppe des DESY.
Wissenschaftlich geht es gerade um die Schnittstelle zwischen Mathematik und Stringtheorie. Letztere hat in den vergangenen Jahren ganz neue Gebiete der Mathematik inspiriert. Umgekehrt braucht man neue Mathematik, um den physikalischen Gehalt der Stringtheorie aus den ihr zugrunde liegenden Postulaten zu extrahieren. Daraus resultiert eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.
Was unterscheidet die StringMath-Konferenz von Konferenzen zur Stringtheorie, die von Physikern veranstaltet werden?
Die Stringtheorie ist ein weites Feld. Wir repräsentieren nicht die Gesamtheit der Stringtheorie, sondern diejenigen Teilbereiche, in denen die Wechselwirkung mit der Mathematik eine besonders wichtige Rolle spielt.
Was sind die derzeitigen spannenden Entwicklungen im Bereich der Stringtheorie?
Die Stringtheorie ist ein Monster, was ihre mathematische Komplexität angeht. Deswegen ist es in vielen Bereichen so schwer, physikalisch relevante Vorhersagen zu machen. Allerdings sind in den letzten Jahren einige Tentakel des Monsters beherrschbar geworden. Man kennt inzwischen exakte Resultate für einige charakteristische Größen, deren Berechnung noch vor wenigen Jahren hoffnungslos schien. Das strahlt weit über den unmittelbaren Bereich der Stringtheorie hinaus: Derartige Resultate helfen uns auch, Quantenfeldtheorien besser zu verstehen, die viel mit der Theorie der starken Wechselwirkung zwischen den Quarks gemeinsam haben.
Gibt es Schwerpunkte auf der kommenden Konferenz, auf die Sie sich besonders freuen?
Dazu gehören einerseits die schon oben erwähnten exakten Resultate in Stringtheorie und Quantenfeldtheorien. Die diesen Resultaten zugrundeliegende Mathematik verbindet Algebra und Geometrie auf oft atemberaubend schöne Art und Weise.
Es werden ja durchaus auch „Celebrities“ aus dem Bereich der Stringtheorie erwartet – wer kommt denn dieses Jahr nach Hamburg?
Zu den „großen Namen“ zählen sicher Andrei Okounkov und Shing-Tung Yau. Beiden wurde die Fields-Medaille verliehen, welche oft mit dem für die Mathematik nicht existierenden Nobelpreis verglichen wird. Aus der Physik haben wir führende Experten wie Nikita Nekrasov unter den Vortragenden. Wichtig war es uns aber vor allem, besonders vielversprechende junge Kollegen und Kolleginnen einzuladen. Darunter ist zum Beispiel Xi Yin (Gewinner des New Horizons in Physics Prize, Studium mit 13, Harvard-Professur mit 24).
In welche Richtung entwickelt sich die Stringtheorie weiter? Was glauben Sie wird auf der StringMath-Konferenz 2018 diskutiert werden?
Manche Probleme, die bis vor kurzem hoffnungslos schienen, haben inzwischen elegante Lösungen gefunden. Damit wächst die Zuversicht, dass wir bald auch besser verstehen werden, wie im Rahmen der Stringtheorie fundamentale Konzepte wie diejenigen von Raum und Zeit von Grund auf neu verstanden werden können. Ob das schon 2018 so weit sein wird, wage ich allerdings nicht vorherzusagen.
Programm der StringMath 2017:
https://stringmath2017.desy.de/e45470/
Liste der Rednerinnen und Redner auf der StringMath 2017:
https://stringmath2017.desy.de/
Hintergrund:
Die String-Mathematik im Forschungsschwerpunkt „Teilchen-, Astro- und Mathematische Physik“, die eng mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) kooperiert, macht die Universität Hamburg zu einem der weltweit führenden Standorte für dieses Forschungsgebiet. Im vergangenen Jahr erhielt Prof. Dr. Bernd Siebert vom Fachbereich Mathematik gemeinsam mit Prof. Dr. Mark Gross aus Cambridge den renommierten Clay Research Award für seine mathematischen Arbeiten, die von der Stringtheorie inspiriert sind. Auch der interdisziplinäre Sonderforschungsbereich „Teilchen, Strings und das frühe Universum – Struktur von Materie und Raumzeit (Sprecher: Prof. Dr. Johannes Haller) mit Projekten an der Schnittstelle zwischen Teilchenphysik, Stringtheorie und Kosmologie ist überaus erfolgreich und wird bereits in der dritten Periode von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Außerdem bietet das Graduiertenkolleg „Mathematics inspired by String Theory and Quantum Field Theory“ unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Schweigert Doktorandinnen und Doktoranden ein strukturiertes Programm zur mathematischen Behandlung der String- und Quantenfeldtheorie. Und nicht zuletzt sind an der Universität Hamburg gleich zwei Emmy Noether-Nachwuchsgruppen angesiedelt, deren Themen zum Bereich der String-Mathematik gehören.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Jörg Teschner
Universität Hamburg
Fachbereich Mathematik
Tel.: + 40 42838-1998
E-Mail: joerg.teschner"AT"desy.de
Dr. Angelika Franz
Universität Hamburg
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN)
Dekanat
Tel.: +49 40 42838-8109
E-Mail: angelika.franz"AT"uni-hamburg.de