Programmieren in der Physik – auf den Spuren der Planetenentstehung
Als Physiker*innen versuchen wir, die Welt zu verstehen – je nach Fachgebiet schauen wir uns die Bausteine der Materie an, setzen Laser zum Fangen von Atomen ein oder speichern Informationen in wahnsinnig kompakten Kristallstrukturen. Blicken wir hingegen nach oben, so stellen sich die großen Fragen der Astrophysik: Wo liegt der Ursprung des Universums? Wie entstehen Sterne? Woraus haben sich Planeten geformt, die anscheinend viele der sichtbaren Sterne umkreisen?
Gerade für die letzten Fragen lassen sich Theorien aufstellen, die dann mit Beobachtungen abgeglichen werden. Weil astronomische Prozesse aber meist weit länger dauern, als uns an Messzeit zur Verfügung steht und häufig sogar länger als ein Menschenleben, müssen wir auch andere Hilfsmittel zurate ziehen: Simulationen auf modernen Supercomputern vermögen es, bestimmte Aspekte der Realität in viel kürzeren Zeitspannen nachzubilden. Um die Ergebnisse solcher Simulationen zu bestätigen, können sie ebenfalls mit Beobachtungen verglichen werden.
Im Rahmen meiner Bachelorarbeit beschäftigte ich mich mit Simulationen von protoplanetaren Scheiben, und schrieb eine Software, mit der man die daraus gewonnenen Daten klar und einfach darstellen kann. (Die Vorsilbe „proto“ bedeutet soviel wie „vor“: Protoplanetare Scheiben sind Scheiben aus Gas und Staub, in denen die Vorläufer von Planeten geboren werden.)
Um protoplanetare Scheiben zu erklären, muss ich ein bisschen ausholen: Sterne entstehen, wenn Gaswolken kalt, schwer und dicht genug sind, um unter ihrer eigenen Schwerkraft zu kollabieren. Im Zentrum der Wolke bildet sich durch die Verdichtung (die 100,000 Jahre dauern kann – was auf astronomischen Zeitskalen immer noch kurz ist) zunächst ein sogenannter Protostern.
Aufgrund der Drehimpulserhaltung, welche ihr anschaulich aus dem Pirouetteneffekt bei Eiskunstläufern kennt, ordnen sich das restliche Gas und kleine Staubpartikel nicht gleichmäßig um den Protostern, sondern formieren sich scheibenförmig. Diese Scheiben nennen wir protoplanetare Scheiben, weil sie die Geburtsstätte von Planetesimalen – kilometergroßen Gesteinsklumpen – und damit den Bausteinen von Planeten sind.

Die Simulationen, mit denen ich mich befasste, sollten u.a. Hinweise darauf liefern, unter welchen Umständen sich diese Planetesimale bilden können – das kann nämlich ganz schön kompliziert sein: In kleinen Verdichtungen muss sich innerhalb der Scheibe genug Staub ansammeln, damit diese unter ihrer Gravitation kollabieren und somit die Planetesimale bilden können. Diese Verdichtungen können nur entstehen, wenn die Staubkörner groß genug sind. Je größer die Körner sind, desto schneller driften sie aber in Richtung des Sterns und verpuffen in seiner Nähe und können nicht mehr zu Planetesimalen werden.
Meine Untersuchung der Simulationen hat vor allem bestätigt, dass Bedingungen wie eine bestimmte Staub-zu-Gas-Dichte in der Scheibe erforderlich sind, damit sich überhaupt die notwendigen Verdichtungen schnell genug bilden können.
Die meiste Zeit meiner Arbeit habe ich jedoch mit der Entwicklung der Software GUFY verbracht, die weiterhin in der Arbeitsgruppe verwendet wird. Damit kann man mit wenigen Klicks die relevanten Größen von Simulationsdateien auswerten und alles einstellen, was für die grafische Darstellung benötigt wird.
Programmiert habe ich in der Programmiersprache python – dazu bieten wir bei Light & Schools in unserem Onlineangebot auch Versuche an, wo ihr das selbst kennenlernen könnt.
Fabian Balzer
- Den Bericht könnt ihr auch als PDF herunterladen: Programmieren in der Physik – auf den Spuren der Planetenentstehung